Unser Zusammenleben wird von Regeln und allgemeinen Verhaltenskonventionen bestimmt. Doch jeder von uns war bereits einmal an einem Punkt, an dem er sich gern anders verhalten hätte, als er es dann getan hat oder es von ihm erwartet wurde — einem Punkt, an dem ihn die eigenen Gefühle mitgerissen haben. Ist es gut, dass uns etwas davon abhält, dem Sitznachbarn im Bus das Handy zu entreißen oder einfach genervt den Computer aus dem Fenster zu werfen? Oder sollten wir diesen Gefühlen freien Lauf lassen, wenn es uns genug ist?
Die Unterrichtseinheit beschäftigt sich mit den eigenen Gefühlen und Regeln des menschlichen Zusammenlebens und will Schüler*innen dazu anregen, über mögliche Handlungsspielräume nachzudenken, sich ihrer Gefühle bewusst zu werden und mit ihnen umzugehen.
Kernkompetenz: Entscheidungssituationen der eigenen Lebensführung als religiös relevant erkennen und mit Hilfe religiöser Argumente bearbeiten
Jahrgang: ab Jahrgang 7
Arbeitsformen: Filmanalyse, Mindmap, Diskussion, Tagebucheintrag oder Brief schreiben
Hintergrundinformationen:
Emotionen kontrollieren — Umgang mit negativen Gefühlen: https://www.philognosie.net/persoenlichkeit/emotionen-kontrollieren-umgang-negative-gefuehle
Zum Aus-der-Haut-fahren
- Schaut euch den Film „Enough” an. Sammelt in einem Blitzlicht im Anschluss eure Assoziationen: Was ist euch in Erinnerung geblieben? Hat euch etwas irritiert?
- Teilt euch in 6 Kleingruppen. Jede Gruppe erhält Beobachtungsaufgaben zu zwei der im Film portraitierten Personen (Gruppe 1: Mann in Warteschlange am Bankautomat + angezündeter Bart; Gruppe 2: Frau im Auto + Kinderwagen; Gruppe 3: Mann in Sitzung + Kellnerin im Restaurant; Gruppe 4: Frau im Bus + Frau auf Treppe; Gruppe 5: Mann an der Herdplatte + Schlägerei auf Straße; Gruppe 6: Frau am Computer + Frau an Bushaltestelle). Schaut euch den Film noch einmal an und macht euch Notizen zu folgenden Fragen:
- Was lässt die dargestellte Person „aus der Haut fahren”? Was ist ihr Anliegen bzw. Problem? Welche Gefühle könnten die Person antreiben?
- Wie reagiert die Person? Wie reagieren die Mitmenschen?
- Warum entspricht das Verhalten möglicherweise nicht „der Norm”?
- Wertet eure Beobachtungen in eurer Kleingruppe aus. Gibt es Unterschiede in eurer Wahrnehmung? Fasst eure Ergebnisse für die anderen zusammen und stellt sie im Klassenverband vor.
- Die Regisseurin hat ihren Film „Enough” genannt. Warum könnte sie sich für diesen Titel entschieden haben? Fällt euch ein alternativer Titel ein, der ebenfalls passend wäre?
Gefühle als Antriebsmotor
Starke Gefühle sind immer Antriebsmotor für Handlungen — im Positiven wie im Negativen. Bereits als Kleinkind treibt uns die Neugier an, die ersten Schritte zu tun oder die ersten Worte zu sprechen.
- Entwickelt in Partnerarbeit eine Mindmap, in der ihr ausgehend vom Wort Gefühle verschiedene Arten von Gefühlen, ihre möglichen Potenziale als auch Gefahren, die von ihnen ausgehen können, zusammentragt. Greift dabei auf eure Erfahrungen sowie auf die Ergebnisse aus der Arbeit mit dem Film zurück. Stellt eure Mindmaps im Klassenverband vor und ergänzt ggf. interessante Aspekte der anderen Gruppen.
Die goldene Regel — Orientierung für den Umgang mit unseren Gefühlen?
Seit es Menschen gibt, gibt es auch Regeln, die unser Zusammenleben ordnen. Regeln helfen uns, uns zu orientieren, zu verorten und zu identifizieren.
- Welche verbreiteten und etablierten Regeln fallen dir ein? Sammelt Regeln und Regelwerke menschlichen Zusammenlebens an der Tafel. Gibt es Unterschiede bei deren Gültigkeit oder Verbindlichkeit? Was unterscheidet z.B. persönliche, private, institutionelle, traditionelle oder staatlich verfasste Regeln?
- Traditionelle Regeln für das menschliche Miteinander finden sich auch in der Bibel, etwa die 10 Gebote, aber auch die Goldene Regel. Recherchiert, was die Goldene Regel besagt.
- Beurteilt, inwieweit Regeln das Potenzial haben, Menschen beim Umgang mit ihren Gefühlen zu helfen. Diskutiert, ob die Goldene Regel eine gute Orientierung für den Umgang miteinander und mit den eigenen Gefühlen sein kann.
Übung: Abstand gewinnen
Um eigene Emotionen kontrollieren zu können, ist es auch wichtig, Abstand von ihnen zu gewinnen. Dies kann einerseits bedeuten, eine Situation zu verlassen, die einen in diese emotionale Lage gebracht hat. Andererseits kann es auch sinnvoll sein, die Situation aus einer anderen Perspektive (etwa mit dem Blick eines unabhängigen Betrachters) wahrzunehmen.
Erinnert euch an einen Moment, der euch aus der Haut fahren ließ, oder an eine Situation, die euch regelmäßig in Rage bringt. Versucht nun, euch in die Lage der beteiligten Personen hinein zu versetzen. Warum verhalten sich die anderen, wie sie sich verhalten? Welche Gründe oder Absichten könnten hinter bestimmten Taten und Verhaltensweisen stecken? Was könntet ihr selbst tun, um die Ruhe zu bewahren? Woran könnten sich alle Beteiligten orientieren, um die Situation nicht eskalieren zu lassen oder den Konflikt aufzulösen?
Schreibt einen Tagebucheintrag oder einen Brief an eine der beteiligten Personen, die euch aus der Haut fahren lässt, in dem ihr eure Gefühle beschreibt und ggf. einen Vorschlag zur Lösung eures Problem macht.
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