Der ehemalige Schwergewichtsboxer Mike Tyson ist vielen Menschen ein Begriff. Vor allem seine sportlichen Erfolge im Boxring und die vielen frühen KOs begründen seine Bekanntheit. Neben dem ist er aber auch für seinen aggressiven Habitus, seine Aufstiegsgeschichte, einen Gefängnisaufenthalt, persönliche Tragödien, seine Umtriebe in der Unterhaltungsbranche und vieles mehr bekannt. Der kurze Clip zeigt einen Interviewausschnitt mit dem US-amerikanischen Sender CBS, in welchem Tyson über seine Trophäen, die Weltmeisterschaftsgürtel spricht. Diese Erfolge haben Vorbildcharakter und sind für viele Menschen ein Grund des Nacheiferns. Anders als bei einem weltbekannten Ausnahmesportler anzunehmen, empfindet Tyson rückblickend aber wenig Stolz beim Blick auf seine Auszeichnungen, sondern bezeichnet diese als „Garbage“, als Müll. Der Clip bietet damit an einen interessanten Gesprächsanlass zur Fragestellung: Was wollen wir und was brauchen wir zu unserem Glück? Was zählt im Leben?
Die Thematik, welche der Film aufschließt, ist breit gefächert. Es geht um Ziele, Hoffnungen und Träume, um Glück und menschliche Bedürfnisse, um Erfolg und Leistung, um das Verhältnis von „kleinen“ und „großen“ Dingen im Leben. Auch eröffnet sich die Frage, ob eine Reflexion, wie die Tysons, nur im Nachhinein möglich erscheint, die Erfahrung gemacht werden muss, um im Nachhinein sagen zu können: „Ich habe mich geirrt. Ich habe meine Prioritäten falsch gesetzt.“
Die Auseinandersetzung mit dem Clip eröffnet damit die Möglichkeit über Glück und Lebensziele mit Kindern und Jugendlichen nachzudenken.
Kernkompetenz: Ethische Entscheidungssituationen im individuellen und gesellschaftlichen Leben wahrnehmen, die christliche Grundlegung von Werten und Normen verstehen und begründet handeln können.
Jahrgang: 7 – 12
Arbeitsformen: Diskussion, Meinungsbilder, kreative Methoden (z.B. Wortbild), Auslegung von Bibeltexten (z.B. Gleichnisse)
Medien:
- FWU Mediathek: Nächster Halt: Glück: Link
- Knietzsche und das Glück (1−3):
- Kreativ-Format Wortbild – Google Bildersuche als Anregung: Link
- Gestaltung von Wortbildern – Material des Labbé-Verlags: Link
Methodisches Vorgehen
Einstieg
Zum Einstieg in die Thematik ist eine Auseinandersetzung mit dem Gegenstand Pokal bzw. Medaille und der symbolischen Bedeutung sinnvoll. Möglich ist dabei etwa:
- Standbild eines Weltmeistergürtels aus dem Clip. (00:11 oder 00:14) Die SuS sollen im Unterrichtsgespräch frei assoziieren. Welche bekannten Boxsportler kennen sie? Welche Bedeutung hat ein solcher Gürtel? Was muss man tun, um Champion zu werden? Welche Gefühle sind mit dem Erlangen eines Titels verbunden?… Ggf. fällt auch schon der Name Mike Tyson. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Person erscheint nicht unbedingt notwendig.
Dieser Einstieg kann auch über das Sehen und Stoppen des Clips stattfinden. Dazu sollte man allerdings vermeiden, dass der Titel des Videos sichtbar ist und es muss genau gestoppt werden, wenn der Interviewer sagt: „You are history.“ Falls dies nicht gewährleistet werden kann, sollte doch besser mit einem Standbild gearbeitet werden.
- Die Erinnerungskultur an der eigenen Schule: Gibt es an der eigenen Schule Vitrinen mit Pokalen? Worauf ist man stolz? Welche Leistungen und Erfolge werden überhaupt mit Pokalen gewürdigt und welche nicht?
Filmarbeit
Der Clip ist kurz. Er kann mehrfach gesehen werden. Lerngruppen mit guten Englischkenntnissen können das Interview selbständig übersetzen. Andernfalls sollte eine durch die Lehrkraft unterstützte mündliche Übersetzung oder eine anderweitige Visualisierung der Übersetzung schnell zum Ziel führen.
Das kurze Interview im Wortlaut: (an wenigen Stellen unverständlich)
Interviewer: Look at this stuff. This is history here. You are history.
Tyson: This is garbage. I can say, I bled for garbage.
Interviewer: So this is meaningless too you?
Tyson: No, at one time it meant a lot. When you´re just a young kid, this is everything to you. But then you realize your priorities change. And you just want your children to be happy and do nice things and that makes you happy. This is nothing. This is just nothing, man.
Eigene Übersetzung:
Interviewer: Sieh dir diese Dinge an. Das hier ist Geschichte. Sie sind Geschichte.
Tyson: Das ist Müll. Ich muss zugeben, ich habe für Müll geblutet.
Interviewer: Das ist also bedeutungslos für Sie?
Tyson: Nein, früher bedeutete es eine Menge. Wenn du ein kleines Kind/ein junger Mensch bist, ist das alles für dich. Aber dann merkst du, dass sich deine Prioritäten geändert haben. Und du möchtest, dass deine Kinder glücklich sind und möchtest schöne Dinge tun und das macht die glücklich. Das ist nichts. Das ist nichts, Mann.
Mögliche Fragen zur Filmbesprechung:
- Hast du erwartet, dass ein Weltmeister so über seine Erfolge spricht? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum?
- Welche Ereignisse im Leben eines Menschen können die Sicht auf die eigenen Erfolge derartig verändern? (Altern, Schicksalsschläge, …)
- Glaubst du Mike Tyson ist eine Ausnahme unter den erfolgreichen Leistungssportlern? Begründe deine Meinung.
- Lässt sich der Sinneswandel/die dargestellte Erkenntnis auch auf andere Lebensbereiche übertragen? Auf andere Sportarten? Andere Formen von Leistung? Auf Arbeit allgemein? Fallen euch Beispiele aus euren eigenen Erfahrungen, eurer Lebenswelt ein?
- Gibt es Ziele und Erfolge im Leben, die glücklicher machen als andere?
Mögliche Aufgaben zur Vertiefung der Thematik
Der Clip und die Person Mike Tyson können an dieser Stelle außen vor gelassen werden. Ziel sollte nun sein, sich mit den eigenen Glücksvorstellungen, den Vorstellungen anderer sowie philosophischer und theologischer Konzepte von Glück auseinanderzusetzen.
- Wortbilder: Über die kreative Methode des Wortbildes können die SuS ihre eigenen Vorstellungen bezogen auf einen zentralen Begriff darstellen und anschließend darüber in den Austausch treten. Im Wortbild wird ein Schlagwort (hier: Glück, Zufriedenheit, Ziel, Zukunft…) in großen Buchstaben geschrieben. Dabei werden die Buchstaben und ihre Umgebung so gestaltet, dass sie mit den eigenen Vorstellungen sinnhaft aufgeladen werden. Für Anregungen kann man einfach die Bildersuche einer Suchmaschine nutzen. Es gibt auch Materialien von Verlagen zu dieser Gestaltungsidee. (siehe Medien)
- Interview: Zur Vertiefung individueller Ansichten zum Thema erscheint es auch sinnvoll, sich mit den Erfahrungen und Vorstellungen anderer Menschen auseinanderzusetzen. So können die SuS Interviewfragen erstellen und Interviews mit Erwachsenen durchführen. Dies können etwa andere Lehrkräfte, die Eltern oder Großeltern sein.
- Der Glücksbegriff in der Philosophie: Eine begriffliche Differenzierung des Glücksbegriffs erscheint notwendig, um die Ausdrucks- und Reflexionskompetenzen der SuS zu stärken. Hierzu gibt es beispielsweise Medien des FWU-Verlags, welche in verschiedenen Mediatheken ausgeliehen werden können. Ein Beispiel ist die Produktion Nächster Halt: Glück. Hier wird etwa der aristotelische Glücksbegriff ansprechend entfaltet.
Für jüngere Kinder erscheint auch das frei zugängliche Format Knietzsche einen guten und differenzierten Zugang zu bieten. So gibt es hier drei kurze Clips zum kleinen, großen und geteilten Glück. (siehe Medien)
Theologische Deutungen
- Die Frage nach dem aus christlicher Sicht Erstrebenswerten lässt sich beispielsweise an der Perikope Reichtum und Nachfolge (z.B. Mk10,17 – 31; Mt19,16 – 30) diskutieren. Gerade die Aussagen über die „Ersten“ und „Letzen“ am Ende lassen sich lebensweltlich gut umdeuten.
- Auch das Gleichnis vom Senfkorn (Mt13,31), das Gleichnis vom Hausbau (Mt7,26) oder das Gleichnis vom vierfachen Acker (Mk4,3 – 20) könnten genutzt werden.
- Die Seligpreisungen (Mt5,3 – 12) könnten als Vorlage für eine kreative Gestaltungsidee stehen. Die Schüler gestalten Pokale und Gravuren, welche diese Eigenschaften und Haltungen würdigen.
Zum Schluss sollten die Kinder und Jugendlichen in Auseinandersetzung mit den individuellen, christlichen und philosophie-weltanschaulichen Perspektiven auf die Thematik eine eigene Antwort auf die Frage, was im Leben zählt, formulieren. Insgesamt sollte darauf geachtet werden, dass Profisport im Besonderen und Leistung im Allgemeinen nicht pauschal abgewertet werden. Vielmehr kann es um Schwerpunkte und Fokussierungen gehen. Auch medial vermittelte Sichtweisen können in den Fokus einer kritischen Auseinandersetzung gerückt werden.
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