Zwischen Getragen und Geworfen sein

Die Welt steht still. Der Ver­kehr, der Han­del, die Wirt­schaft ste­hen still. Kino, Kon­zert und Sport sind ver­stummt. Hier bei uns und an fast allen Orten die­ser Welt. Doch das war nicht das Virus, es war der poli­ti­sche Wil­le. Die Mensch­heit ist stark und sie ist poli­tisch immens hand­lungs­fä­hig. Hart­mut Rosa spricht von einer kol­lek­ti­ven Selbst­wirk­sam­keits­er­fah­rung: „Hey, wir sind zusam­men in der Lage, eine gigan­ti­sche, 250 Jah­re alte Maschi­ne­rie außer Kraft zu setzen!”
Doch Pan­de­mie ist auch Kon­troll­ver­lust. Sie macht die Unver­füg­bar­keit der Welt deut­lich. Eine gute Gele­gen­heit, um über Men­schen­bild, Welt­erfah­rung und die Bedeu­tung von Reli­gi­on in Zei­ten der Pan­de­mie nach­zu­den­ken. Es geht um Resonanz.

Das Gespräch zwi­schen Hart­mut Rosa und SRF-Mode­ra­to­rin Oli­via Röl­lin ent­stand vor dem Coro­na-Shut­down. Gleich­zei­tig drängt das Gespräch per­ma­nent, über das Beson­de­re der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on, der Zeit davor und dem ers­ten Tag nach Coro­na nach­zu­den­ken: Brau­chen Men­schen Reli­gi­on? Wofür ist sie nütz­lich? Und war­um ver­schwin­det sie eigent­lich nicht? Und was erzählt sie über Soli­da­ri­tät und unser Gemeinwesen?

Kern­kom­pe­tenz: Reli­giö­se Grund­ideen erläu­tern und als Grund­wer­te in gesell­schaft­li­chen Kon­flik­ten zur Gel­tung bringen

Jahr­gang: 10. – 12. Jahrgangsstufe

Arbeits­for­men: Lied­in­ter­pre­ta­ti­on, Kol­lo­bo­ra­ti­ves Schrei­ben, Tele­fon­in­ter­view, Lern­ta­ge­buch; Wort­wol­ken

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen:

Über Hart­mut Rosa: https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​H​a​r​t​m​u​t​_​R​osa

Über Reso­nanz und Coro­na: https://​www​.zeit​.de/​z​e​i​t​-​m​a​g​a​z​i​n​/​2​020 – 04/hart­mut-rosa-coro­na­vi­rus-gesell­schaft-wirt­schafts­sys­te­m/­sei­te‑3

Das Lern­ta­ge­buch: https://​web​com​pe​tent​.org/​d​a​s​-​l​e​r​n​l​o​g​b​u​ch/

Vor dem Start

Meta-Refle­xi­ve Fra­gen für den Beginn und den Schluss der Sequenz (unter Umstän­den für das Lernlogbuch)

  1. So hat sich mein Leben, mein „In-der-Welt-sein”, in den ver­gan­ge­nen Wochen verändert …
  2. An die­sen Stel­len kehr­te Ruhe in den Bezie­hun­gen ein …
  3. An die­sen Punk­ten wuchs der Stress …
  4. Hier sehe ich neue Chan­cen, um mit der Welt und den Men­schen in Kon­takt zu kommen …
  5. Die­se alten und neue Ängs­te bedro­hen mich und das Leben mei­ner Lieben …
  6. Die­se Kon­tak­te schwä­chen sich ab …
  7. Die­se Kon­tak­te wer­den intensiver …
  8. Die Bedeu­tung von Ostern neh­me ich in die­sem Jahr ganz anders wahr …
  9. Ich ent­de­cke den Früh­ling neu …

Teil 1: Was Brot über Kreativität und Wirkmächtigkeit erzählt (00.35 — 03:54)

  1. Gib wich­ti­ge Erfah­run­gen, Beob­ach­tun­gen und Beur­tei­li­gens Hart­mut Rosas zum Brot und zum Backen mit eige­nen Wor­ten wieder.
  2. Hal­te eige­ne Erfah­run­gen mit die­sem Hand­werk in einem Lern­log­buch fest.
  3. Füh­re ein Tele­fon­in­ter­view (https://​web​com​pe​tent​.org/​k​o​m​m​u​n​i​z​i​e​r​e​n​-​u​n​d​-​k​o​l​l​a​b​o​r​i​e​r​en/) mit einer Klas­sen­ka­me­ra­din oder einem Klas­sen­ka­me­ra­den. Tauscht euch über eure Erfah­run­gen aus. Klärt, wel­che exis­ten­ti­el­len Lebens­äu­ße­run­gen und ‑bedürf­nis­se sich im Brot und im Bäcker­hand­werk zeigen.
  4. Expe­ri­ment: Backe ein Brot, einen Kuchen oder ein belie­bi­ges ande­res Gepäck. Pro­to­kol­lie­re die Arbeits­schrit­te. Tau­sche Dich mit ande­ren Men­schen dar­über aus (z.B. Grup­pen­chat auf https://​matrix​.rpi​-vir​tu​ell​.de/​#​/​w​e​l​c​ome). Hal­te die prak­ti­schen Über­le­gun­gen, phi­lo­so­phi­schen Ideen Ideen und exis­ten­ti­el­len Fra­gen im Lern­log­buch fest.

Teil 2: Resonanz ist … (03:55 — 09:33)

  1. For­mu­lie­re eine eige­ne sozio­lo­gi­sche Defi­ni­ti­on von Reso­nanz im Sin­ne Hart­mut Rosas.
  2. Ent­wick­le dazu eine Erklär­gra­fik oder Sketchnote.
  3. Fin­de ein wei­te­res Bei­spiel aus den Berei­chen Hand­werk, Sport, Musik, Kunst, Bezie­hung etc. Ergän­ze die Gra­fik mit Dei­nen Über­le­gun­gen. Hal­te die Ergeb­nis­se im Lern­log­buch fest.
  4. Tau­sche dich im Tele­fon­in­ter­view dazu aus. Ergän­ze das Lern­log­buch.

Teil 3: Resonanz in der Gegenwart — Wie wird Glück (09:34 — 14:56)

  1. Klä­re mit­hil­fe von Rosas Bei­spie­len zur Gleich­be­rech­ti­gung der Frau­en oder der gesell­schaft­li­chen Aner­ken­nung homo­se­xu­el­ler Part­ner­schaf­ten die Bedeu­tung von Reso­nanz für gesell­schaft­li­che Entwicklungen.
  2. Erläu­te­re Aus­wir­kun­gen von Stei­ge­rungs­zwang und Geschwin­dig­keits­zu­nah­me für die gegen­wär­ti­gen Gesell­schaft an einem selbst­ge­wähl­ten Beispiel.
  3. Berech­nen und Beherr­schen” vs. „Aus­stei­gen”. Beschrei­be, was für Rosa in die­sen Zusam­men­hän­gen ein „gelun­ge­nes Leben” ist. For­mu­lie­re eine begrün­de­te, kri­ti­sche Entgegnung.
  4. Dis­ku­tie­re im Grup­pen­chat, wel­che Bedeu­tung Natur­leb­nis, Musik­ge­nuss oder Ein­sam­keit im Hori­zont von Reso­nanz­erfah­run­gen zukommt. Hal­te die Ideen im Lern­log­buch fest. Tau­sche Dich erneut im Tele­fo­nat dazu aus.

Teil 4: Getragen und Geworfen (21:30 — 24:57)

Was ist der Unterschied zwischen Tagen, an denen man sich „getragen” fühlt in der Welt und den Tagen, an denen man sich „hineingeworfen” fühlt?

  1. Stel­le dar, wie du Rosas Meta­pho­rik zwi­schen „getra­gen” und „gewor­fen” verstehst.
  2. Erläu­te­re Dei­ne Über­le­gun­gen an einer selbst­ge­wähl­ten Erfah­rung oder einem eige­nen Beispiel.
  3. Suche im Buch der Psal­men nach Ver­sen, die dem „Getra­gen sein” ent­spre­chen und die von „Gewor­fen sein” erzählen.
  4. Gestal­te mit einem Vers eine Post­kar­te. Ver­schi­cke sie an jeman­den, dem du dich ver­bun­den fühlst oder ste­cke sie in sei­nen oder ihren Postkasten.

Teil 5: Die Aufgabe von Religion (24:58 — 27:30)

  1. Erläu­te­re, was Rosa unter „Reso­nanz­ach­sen” versteht.
  2. Stellt in einem gemein­sa­men Pad­let (pad​let​.com) reli­giö­se Aus­drucks­for­men (Lie­der, Tex­te, Fes­te, Ritua­le) für ver­ti­ka­le Reso­nanz zusam­men. Ergänzt Aus­drucks­for­men nicht­christ­li­cher Reli­gio­nen und Weltanschauungen.
  3. Ent­wi­ckelt mit­hil­fe des Mate­ri­als Ideen und Impul­se für ein Schul­jahr­gangs­ab­schieds­ri­tu­al. Ver­wen­det auch hier das Pad­let.

Teil 6: Mit Gott in Resonanz treten (27:31 — 31:00)

Die Unver­füg­bar­keit Got­tes ver­hin­dert qua­si ein „In-Kon­takt-tre­ten”. Ande­rer­seits muss gefragt wer­den, wie dann Gebet über­haupt mög­lich sein soll. Ein Schlüs­sel liegt in den chris­to­lo­gi­schen Bil­dern des Neu­en Tes­ta­ments. Die „Ich-bin-Wor­te” des Johan­nes­evan­ge­li­ums bie­ten eine Mög­lich­keit, um zu ver­ste­hen, wie sich Chris­ten des 1. Jh. ver­ti­ka­le Reso­nanz­op­tio­nen vorstellten.

Ich bin das Brot des Lebens Joh 6,35

Ich bin das Licht der Welt. Joh 8,12

Ich bin die Tür. Joh 10,7.9

Ich bin der gute Hir­te. Joh 10,11.14

Ich bin die Auf­er­ste­hung und das Leben. Joh 11,25

Ich bin der Weg und die Wahr­heit und das Leben. Joh 14,6

Ich bin der wah­re Wein­stock. Joh 15,1

  1. Gib Hart­mut Rosas Posi­ti­on zur Unver­füg­bar­keit Got­tes mit eige­nen Wor­ten wieder.
  2. Recher­chie­re zum lite­ra­ri­schen Ent­ste­hungs­pro­zess der „Ich-bin-Wor­te” und mög­li­chen Auslegungen.
  3. Inter­pre­tie­re einen aus­ge­wähl­ten Vers des Johan­nes­evan­ge­li­ums. Berück­sich­ti­ge dabei die Reso­nanz­kri­te­ri­en Hart­mut Rosas.
  4. Tau­sche Dich in einem Tele­fon­in­ter­view dar­über aus, inwie­fern der „unver­füg­ba­re” Gott durch die Meta­pho­rik bibli­scher Chris­to­lo­gie „ver­füg­bar” wird.
  5. Hal­te dei­ne Über­le­gun­gen im Lern­ta­ge­buch fest.

Teil 7: Über Rituale und Symbole (31:01 — 33:32)

  1. Erläu­te­re eines der Ritua­le oder Sym­bo­le, die Rosa zur Ver­an­schau­li­chung her­an­zieht, mit eige­nen Worten.
  2. Ent­wick­le dazu eine Gra­fik oder ein Schaubild.
  3. Prä­sen­tiert und dis­ku­tiert die Ergeb­nis­se über das Pad­let.

Teil 8: Die Resonanzfeindlichkeit reformatorische Kirchen (33:32 — 39:38)

  1. Beschrei­be die Momen­te und Bestand­tei­le christ­li­cher Reli­gio­si­tät, die seit der Refor­ma­ti­on ver­drängt wur­den und wodurch Reso­nanz­op­tio­nen verlorengehen.
  2. Erläu­te­re die neu­en For­men von Reli­gio­si­tät, die durch den Pro­tes­tan­tis­mus erschlos­sen werden.
  3. Hal­te wesent­li­che Gedan­ken im Lern­ta­ge­buch fest.

Teil 9: Die Bedeutung von Religion zwischen kognitivem Opfer und reflektierter Erfahrung (39:39 — 45:52)

  1. In Anleh­nung an den Reli­gi­ons­so­zio­lo­gen Max Weber spricht Hart­mut Rosa vom „Opfer des Intel­lekts” (https://​www​.text​log​.de/​2​3​3​1​.​h​tml), das Reli­gio­nen for­dern. Erläu­te­re die Zusammenhänge.
  2. Samm­le „gute Grün­de”, die für eine Ableh­nung von Reli­gi­on spre­chen, in einem gemein­sa­men Pad­let.
  3. Erklä­re, war­um Hart­mut Rosa trotz­dem an der Bedeu­tung von „Reli­gi­on” für das mensch­li­che Leben festhält.
  4. Inter­pre­tie­re „Ich steh vor Dir mit lee­ren Hän­den” (Evan­ge­li­sches Gesang­buch 382) im Kon­text von Resonanz.
  5. Erläu­te­re die „medio-pas­si­ve Hal­tung”, die eine reli­giö­se Zuwen­dung zu Welt und Mit­mensch ermöglicht.
  6. Hal­te Dei­ne Über­le­gun­gen, Gedan­ken und Fra­gen im Lern­ta­ge­buch fest.

Teil 10: Unterschiede zwischen Kunst, Natur und Kirche (45:53 — 48:47)

  1. Beschrei­be Gemein­sam­kei­ten aus Kunst, Natur, Sport und Kir­che mit­hil­fe selbst­ge­wähl­ter Beispiele.
  2. Erläu­te­re, wor­in Hart­mut Rosa die Gren­zen der Ver­gleich­bar­keit siegt.
  3. Hal­te wesent­li­che Momen­te im Lern­ta­ge­buch fest.

Teil 11: Resonanz, Sterben und Tod (48:48 — 55:57)

  1. Was wäre das Leben ohne Tod? Ent­wick­le eine Wort­wol­ke -> http://​www​.word​le​.net/​c​r​e​ate. Siche­re Dein Bild im Lern­log­buch.
  2. Gib die Posi­tio­nen Hart­mut Rosas mit eige­nen Wor­ten wieder.
  3. Erläu­te­re dei­ne eige­ne Sicht auf die Din­ge. Hal­te die Gedan­ken im Lern­ta­ge­buch fest.

Teil 12: Die Begegnung mit dem Tier (55:58 — 57:05)

Der Hund in mei­ner Fami­lie ist gestor­ben. Ohne die erzwun­ge­ne Nähe durch den Lock­down hät­te ich das so kaum erle­ben können.

  1. Erzäh­le im Tele­fon­in­ter­view von dei­nen Begeg­nun­gen mit Tieren.
  2. Dis­ku­tiert im Grup­pen­chat Unter­schei­de und Ver­gleich­bar­kei­ten zwi­schen „Haus­tie­ren”, „Nutz­tie­ren” und „Schäd­lin­gen”.
  3. For­mu­lie­re eine Nach­richt auf den Post.
  4. Hal­te Posi­tio­nen, inter­es­san­te, irri­tie­ren­de und wei­ter­füh­ren­de Bei­trä­ge im Lern­ta­ge­buch fest. Siche­re Dei­ne eige­nen Positionen.

Teil 13: Meta-reflexive Überlegungen für den Schluss der Sequenz

  1. So sehe ich mein Leben, mein „In-der-Welt-sein”, seit dem Video, dem Lern­log­buch, den Telefonaten …
  2. Das ist neu für mich …
  3. Dort füh­le ich mich getragen …
  4. Und hier geworfen …
  5. Hier sehe ich neue Chan­cen, um mit der Welt und den Men­schen in Kon­takt zu kommen …
  6. Die­se alten und neue Ängs­te bedro­hen mich und das Leben mei­ner Lieben …
  7. Das will ich tun, für mich, für ande­re, für die Gemein­schaft der Men­schen, für die Welt …
  8. Die Bedeu­tung von Ostern ver­ste­he ich jetzt so …
  9. Der Früh­ling bedeu­tet mir …
Print Friendly, PDF & Email
Andreas Ziemer
Letz­te Arti­kel von Andre­as Zie­mer (Alle anzei­gen)

Schreibe einen Kommentar