Die Nacht von Elie Wiesel hat mich wegen eines Aspktes außerordentlich gefesselt. Das Kind, das uns hier seine Geschichte erzählt, ist ein Erwählter Gottes. Seit dem Erwachen seines Bewusstseins lebte der Knabe … dem Ewigen verschworen, nur für Gott. Haben wir jemals an diese Folge eines weniger sichtbaren, weniger auffallenden Schreckens als jedes anderen Entsetzens gedacht — jedenfalls an das Schlimmste von allen für uns, die wir den Glauben besitzen: an den Tod Gottes in dieser Kinderseele …
Francois Mauriac
Aus dem Vorwort zur französischen Ausgabe „La Nuit”, in: Elie Wiesel, Die Nacht, Freiburg, 3. Auflage 1996, S. 13f.
Die Nacht ist ein autobiographisches Buch Elie Wiesels. Er schreibt über die Deportation nach Auschwitz, die Ermordung seiner Familie und das Überleben zwischen 1944 und 1945. Am 11. April 1945 übernehmen die Inhaftierten des KZ Buchwald die Leitung des Lagers. Elieser Wiesel gelangt in Freiheit. Er verlässt Deutschland. „Die Nacht” verfasste er ursprünglich in jiddischer Sprache. 1958 erschien es auf Anregung von Francois Mauriac in Französisch unter dem Titel „La Nuit”.
Kernkompetenz: Den eigenen Glauben und die eigenen Erfahrungen wahrnehmen und zum Ausdruck bringen sowie vor dem Hintergrund christlicher und anderer religiöser Deutungen reflektieren.
Jahrgang: ab Jahrgang 10, Kompetenzschwerpunkt Theologie
Hintergrundinformtionen:
Elie Wiesel, Die Nacht, Erinnerungen und Zeugnis, Die Nacht, Herder Spektrum, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 3. Auflage 1996
Verstummt. Zum Tod von Elie Wiesel, von Florian Gathmann, 2016
Ein Gastbeitrag von Susanne Ristau, Wernigerode
Meine Annäherung
Nach meinen Erfahrungen sind Jugendliche sehr interessiert an der Theodizee – Frage. Das trifft besonders dann zu, wenn im Unterricht ihre eigenen Überlegungen und Positionen auf Impulse unterschiedlicher wissenschaftlicher Perspektiven treffen. Persönliche Berühung kann genauso zur Sprache kommen wie große Distanz. Ich suchte nach einem Weg, beides zu ermöglichen. Zugleich sollten die Grausamkeit und Tragik der Schoah deutlich werden. Vor Jahren ist mir Elie Wiesels „Nacht“ empfohlen worden. Seine Erinnerungen sprechen mich sehr an und berühren. Sie nehmen dem Gedanken einer kollektiven Schuld die Macht, der auch nach über 75 Jahren stets gehört werden kann.
Im Folgenden gebe ich eine Empfehlung für die Vorstellung dieses Buches. Seit über 15 Jahren plane ich die Lesung im Kursthema Theologie in den Unterricht der Oberstufe ein. Immer wieder erzählen ehemalige Schülerinnen und Schüler davon, wie bewegend diese Lesung für sie war. Eine Mischung aus (historischer) Distanz und emotionaler Berührung wird dann deutlich.
Hinführung
Im Rahmen des Kursthemas ist es empfehlenswert, jüdische Aussagen zur „Theodizee nach Auschwitz“ vor der Buchlesung oder ggf. als Nachbesprechung zu bedenken und einen kurzen Überblick zum Leben des Verfassers zu geben. Geholfen hat mir dabei dieser lesenswerte Artikel aus dem Spiegel.
In einer Variante hat sich gezeigt, dass es hilfreich sein kann, wenn zuvor nur wenige Informationen zu Kindheit und Jugend präsentiert werden. Wird eine Darstellung und Würdigung seiner Lebensleistung in Kombination mit wichtigen biografischen Momenten im Anschluss an die Lesung vorgetragen, kann die bedrückende Stimmung des Buches etwas aufgefangen und versachlicht werden.
Für den weiteren Verlauf des Schulalltages ist unbedingt eine Entspannungsphase notwendig. Auf eine ausführliche Nachbesprechung bzw. eine „So fühle ich mich jetzt” – Runde verzichte ich bewusst. In Partner- oder Kleingruppengesprächen, mithilfe von Bildbetrachtungen u.ä. findet sich wenn notwenig eine Möglichkeit des Gedankenaustausches.
Oft erlebe ich, dass Jugendliche sehr berührt sind, aber darüber innerhalb der Gruppe nicht gleich im Anschluss reden möchten. Eine Nachbesprechung plane ich deshalb erst in einer Folgestunde ein.
Am Ende der Vorbereitung lese ich einen kleinen Ausschnitt aus dem Buch, Seite 56:
„Nie werde ich diese Nacht vergessen, die erste Nacht, die aus meinem Leben eine siebenmal verriegelte lange Nacht gemacht hat.
Nie werde ich den Rauch vergessen.
Nie werde ich die kleinen Gesichter der Kinder vergessen, deren Körper vor meinen Augen als Spiralen zum blauen Himmel aufsteigen.
Nie werde ich die Flammen vergessen, die meinen Glauben für immer verzehrten.
Nie werde ich das nächtliche Schweigen vergessen, das mich in alle Ewigkeit um die Lust am Leben gebracht hat.
Nie werde ich die Augenblicke vergessen, die meinen Gott und meine Seele mordeten, die meine Träume, die das Antlitz der Wüste annahmen.
Nie werde ich das vergessen, und wenn ich dazu verurteilt wäre, so lange wie Gott zu leben. Nie.“
Didaktischer Hinweis: Antworten des Verfassers zur Frage nach der Rechtfertigung Gottes können mit Hilfe dieses Zitates gut besprochen und Interesse geweckt werden.
Äußerer Rahmen, Methode der Buchlesung
Dauer: ca. 80 – 90 min
Es ist möglich, die Buchlesung sowohl in einer Doppelstunde in der Schule als auch außerhalb der des Unterrichtes, z.B. nachmittags oder abends in einem kirchlichen Gemeinderaum durchzuführen. Zur Aufteilung auf mehrere Wochen kann ich keine Empfehlung geben.
Die Sitzordnung bzw. Leseordnung, z.B. Stuhlkreis, bespreche ich mit den Jugendlichen vorab.
Die Buchvorstellung erfolgt im Wechsel zwischen Nacherzählung und Lesung (Textstellen fett). Dabei sollte jedes Kursmitglied einbezogen werden (ein zweites Buchexemplar mit markierten Textstellen weiterreichen). Im Folgenden kennzeichne ich meine Vorschläge der zu lesenden Texte für Jugendliche mit einem Punkt oder eckigen Klammern. Es sind die Ausschnitte 1 – 15, welche auch gekürzt bzw. mit anderen Ausschnitten für größere Kurse ergänzt werden können.
Die anderen Textstellen lese ich selbst. Dabei muss unbedingt noch ausgewählt bzw. gekürzt nacherzählt werden, weil sonst der zeitliche Rahmen die Aufmerksamkeitsfähigkeit der Zuhörenden überfordern könnte.
An einigen wenigen Stellen ist es möglich, eigene Gedanken zu erfragen bzw. selbst einzufügen. Das sollte aber nur selten genutzt werden.
Impulse für diese Exkurse kennzeichne ich kursiv.
Verlauf
Nach einer kurzen wiederholenden Einleitung beginne ich mit einer Vorstellung der Situation:
Abschnitt 1
Sighet ist eine kleine Stadt in Siebenbürgen, im heutigen Rumänien, an der Grenze zur Ukraine. Nach dem 1. Weltkrieg wurde das ursprünglich ungarische Gebiet rumänisch, 1940 dann wieder Bestandteil Ungarns. Die Bewohner sprechen häufig Deutsch. Über 20.000 Juden leben in Siebenbürgen (heute ca. 100!). Sie alle werden bis 1944 nach Auschwitz deportiert.
Wir reisen in das Jahr 1942. Elieser wird Elie genannt. Sein Vater besitzt ein kleines Lebensmittelgeschäft und ist ein sehr geachtetes Mitglied der jüdischen Gemeinde. Er hat wenig Zeit für seinen 12 jährigen Sohn. Die Familie ist eher arm. Die Mutter hilft im Geschäft und kümmert sich um die Kinder. Elie hat zwei ältere und eine jüngere Schwester, Tsipora.
Der Junge ist sehr interessiert an der Kabbala, den Überlieferungen jüdischer Mystik und Philosophie. Gott handelt und ist verborgen, er ist „Verborgenheit aller Verborgenen”. Durch das Gebet kann die Ankunft des Messias beschleunigt werden.
Da der Vater ihn zu jung für solche Themen hält, wendet sich Elie mit seinen Fragen an den Küster Mosche. Dieser wird als erste Person im Buch genauer vorgestellt.
Seite 17: „Sie nannten ihn den Küster-Mosche … bis die nach der Kabbala ihre Erlösung in der des Menschen erwartet.”
Didaktischer Impuls: Die wichtigste Botschaft Mosches ist, dass das Fragen eine bedeutende Kraft hat, die vorwärts drängt.
Seite 19: Warum betest du, Mosche? fragte ich ihn. „Ich bete zu Gott, der in mir ist, dass er mir die Kraft gibt, ihm wahre Fragen zu stellen.“
Didaktischer Impuls: Über die Bedeutung des Fragens für den Lernprozess nachdenken. Was sind „wahre Fragen“?
Küster Mosche ist ein sogenannter „ausländischer“ Jude. Er wird daher 1942 von den ungarischen Soldaten, den Verbündeten Deutschlands, aus Sighet abgeführt. Die Gemeinde nimmt das gleichgültig hin.
Seite 20: „Was wollen sie? Es ist Krieg…“
Mosche kehrt zurück und gibt einen Bericht ab, der zu grausam ist, um ihn glauben zu können. Elie hört ihm zu.
Seite 21 — 22: „Er erzählte mir seine Geschichte … Und jetzt hört niemand auf mich …”
Warum glauben die Menschen ihm nicht? Parallelen zur heutigen Zeit? Unbequeme Wahrheiten?
Das Frühjahr 1944 ist angebrochen. Die russische Front kommt hörbar näher. Im „normale Leben“ gibt es drei einschneidende Vorfälle:
- Der Vater lehnt es ab, mit der Familie nach Palästina auszuwandern, obwohl er die Möglichkeit dazu hat.
- Die ungarischen Faschisten ergreifen die Macht in Budapest, in Sighet bleibt alles ruhig.
- Deutsche Truppen betreten ungarisches Hoheitsgebiet, die Regierung stimmt zu.
Die kurze Unruhe legt sich bald, die Bewohner kehren zum Alltag zurück. Drei Tage später rollen deutsche Panzer durch den Ort. Die Deutschen werden so beschrieben:
Seite 25 — 26: „Wir hatten Angst … und die Juden von Sighet lächelten noch immer.“
Pessach steht bevor, ein fröhliches Fest. Man entscheidet sich dafür, es lieber nicht auffällig zu begehen, will die Deutschen nicht verärgern. Folgende Aktionen der Besatzer beschränken den Alltag: Jüdische Oberhäupter werden festgenommen, Wertsachen eingezogen, das Verlassen des Hauses verboten. Das Tragen des gelben Sterns ist Pflicht.
Abschnitt 2
Seite 27: „Honoratioren der Gemeinde suchten meinen Vater auf… – Dann kam das Ghetto.”
Das erste Ghetto befindet sich im jüdischen Viertel, es wird mit Stacheldraht umzäunt. Die Bewohner fühlen sich dadurch geschützt. Eli sagte darüber später:
Seite 29: „Somit herrschte weder der Deutsche noch der Jude im Ghetto, sondern die Illusion.“
Die Familie wird mehrfach von wohlgesonnenen nichtjüdischen Menschen gewarnt, auch von Polizisten. Ein Freund kommt heimlich zu Wiesels, er wird gar nicht angehört.
Es folgt die Deportation. Der erste Transport muss auf der Straße lange warten, stehend, ohne Wasser. Einige Menschen empfinden sichtbar Freude beim Abmarsch. Beim zweiten Transport ist Elie mit seiner Familie dabei.
Seite 38 — 39: „Ich betrachtete unser Haus, … „mein Gott, König der Welt, erbarme dich unser…“
Das zweite Ghetto. Gerade erst wurde es von anderen verlassen. Große Hoffnung haben viele vor dem Weitertransport, die Front rückt näher. Ein ehemaliges Dienstmädchen, Nichtjüdin, will die Familie in ihrem Dorf verstecken, der Vater lehnt es ab. Nur die drei größeren Kinder dürften mitgehen, diese wollen aber nicht.
Ist sich der Vater seiner Verantwortung bewusst? Muss man nicht 1944 gewarnt sein?
Elie klagt seinen Vater nie an, auch wegen anderer verhängnisvoller Entscheidungen nicht.
Das Leben im zweiten Ghetto:
Seite 41: „Im Morgengrauen … noch unbekannten Strafen Verurteilte.“
Der Weitertransport in ein Sammellager führt in eine entweihte Synagoge.
Abschnitt 3
Von dort aus werden alle in einen Zug aus Viehwagen geführt, je 80 Personen, verpflegt mit etwas Brot und ein paar Kübeln Wasser.
Seite 43 — 44: „Es war nicht daran zu denken … Die Welt war ein hermetisch verriegelter Viehwagen.“
Abschnitt 4
Frau Schächter, eine 50jährige Frau mit ihrem 10jährigem Sohn, wurde von ihrem Mann und den anderen Söhnen getrennt und war verzweifelt. Sie hat Visionen vom Feuer. Wirklichkeit oder spätere Interpretation?
Sie schreit und wird von allen Genervten erst behutsam, später mit Gewalt zur Ruhe gebracht.
Seite 46 — 47: „Schaut das Feuer! … sah sie uns nicht mehr.“
Abschnitt 5
Bei der Ankunft in Auschwitz werden Versprechungen gemacht. Man soll in Fabriken arbeiten, Familien dürfen zusammen bleiben, Kranke werden behandelt, auch Frau Schächter. Der „Besitz“ wird nicht eingezogen. Das sorgt dafür, dass alle geduldig im Wagen warten, bis zur Nacht. Dann folgt eine kurze Weiterfahrt nach Birkenau.
Seite 49: „Durch die Fenster sah man … – Wir waren da. In Birkenau.”
Abschnitt 6
Alles musste im Wagen gelassen werden, die letzte „Hoffnung“ zerplatzte, die Illusion wurde zerstört. Sofort erfolgte die Trennung der Familien. Frauen und Kinder sowie Alte bildeten eine Gruppe. Sie kamen sofort in die Gaskammer bzw. wurden erschossen. Ein Häftling sprach Elie, damals 12 Jahre und seinen Vater, 50, an und gab den Rat, das wahre Alter nicht anzugeben. Sie befolgten ihn. Eine andere Begegnung:
Seite 51 — 52: „Ein anderer erschien fluchend … Die Welle der Empörung verebbte.“
Warum raten die Ältesten immer wieder, die Ruhe zu bewahren? Auch später klagt Elie sie nie an.
Abschnitt 7
Dr. Mengele, immer wieder Herr über Leben und Tod, entscheidet über den weiteren Weg. Ist es eine „gute Richtung“? Nach der Selektion führen beide Wege in Richtung Schornstein. Elie sieht Lastwagen voller toter Säuglinge, die in Gräben gekippt und draußen verbrannt werden. Er hört Gebete, auch das Totengebet Kiddusch und begehrt innerlich dagegen auf.
Seite 55 — 56: „Jisgadal wejiskadesch schme raba … Erinnerst du dich an Frau Schächter im Zug? fragte er.“
Kurze Pause – Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Befinden fragen, ggf. Klärungen
Weiter ohne Überleitung – der Text ist bekannt aus der Einführungsstunde, langsam lesen mit kurzen Pausen
Seite 56: „Nie werde ich diese Nacht vergessen … so lange wie Gott zu leben. Nie.“
Die ersten Tage im Lager, Elie Wiesel wird sie nie vergessen. Es gibt Prügel, alle werden in enge Baracken gepfercht, die Kleider müssen abgegeben, die Haare geschoren werden. Kräftige Männer wählt man aus, der Vater rät, besser nicht aufzufallen. Das ist ein guter Rat.
Seite 59 — 60: „Gegen fünf Uhr morgens … Es muss ein Traum sein.“
Abschnitt 8
Die Ansprache eines SS-Offiziers bringt Gewissheit des Todes.
Seite 61 ‑62: „Plötzliches Schweigen … Zigeunerhäftlings (Aus heutiger Sicht diskriminierende Bezeichnung, vgl. Antiziganismus, A.d.R.) setzen durften.“
Abschnitt 9
Der Vater hat Magenprobleme, ein „Zigeuner” (Aus heutiger Sicht diskriminierende Bezeichnung, vgl. Antiziganismus, A.d.R.), selbst Häftling, schlägt ihn deshalb.
Seite 63: „Alles raustreten!… das nicht lebensgefährlich war?“
Abschnitt 10
Elie und sein Vater werden ins Barackenlager Auschwitz verlegt. Es scheint dort „besser“ zu sein. Wieder duschen – das ist immer Pflicht. Ein Pole ist verantwortlich.
Seite 65: „Kameraden, ihr befindet euch … Die ersten menschlichen Worte.“
Abschnitt 11
Ein Verwandter, der bereits 1942 deportiert worden war, sucht sie auf. Er will wissen, was mit seiner Familie geschehen ist. Wiesels kennen sie kaum. Elie will ihm eine Freude machen und erfindet eine Geschichte. Es gehe allen gut! Der Verwandte bringt aus Verbundenheit zusätzliche Nahrung. Nach der Ankunft eines neuen Transportes erfährt er die Wahrheit und wird nicht wieder gesehen. Abends im Lager:
Seite 70 — 71: „Abends versuchten wir auf unseren Pritschen … Ob andere daran glaubten?“
Abschnitt 12
Es folgt eine erneute Verlegung, diesmal ins Lager Buna, wieder duschen … Es soll ein gutes Lager sein. Vermutlich wurde es gerade wegen einer Epidemie verlassen. Die Gruppe kommt in Quarantäne. Der Lagerchef ist homosexuell. „Sein Junge” wählt für die Arbeitskommandos aus. Für „gute“ Arbeit fordert er die Stiefel von Elie. Der stellt sich stur. Wenig später verliert sie trotzdem.
Alle müssen zu einer „Untersuchung“ zum Zahnarzt. Er will die Goldzähne und verspricht dafür einen Lohn. Elie schiebt Krankheiten vor und bekommt Aufschub. Die Zahnarztpraxis wird geschlossen, der Arzt wegen Schmuggelhandels gehängt. Später werden Elie doch die Zähne gezogen, dafür muss er auch noch bezahlen.
Die Arbeit in Buna beginnt. Sie zählen Elektroteile. Musiker spielen am Tor zum Antreten. Es sind alles Juden. Der junge begabte Geiger Juliek würde „später“ am liebsten einmal Beethoven spielen. Grundlos wird Elie vom Aufseher Idek geschlagen. Eine junge Französin tröstet ihn.
Seite 79: „Weine nicht. Bewahr dir deinen Zorn und deinen Hass für einen anderen Tag, für später auf.“
Nach dem Krieg trifft er sie in Paris und erfährt, dass auch sie Jüdin ist.
Elie kämpft oft darum, dass sein Vater bei ihm arbeiten kann, um ihm das Überleben zu erleichtern. Das gelingt häufig. Er empfindet wenig Mitgefühl, als sein Vater geschlagen wird. Er ist eher auf ihn wütend. Er kann nur noch sehen, dass sein Vater den Aufseher Idek reizte und und sich nicht um ihn sorgte.
Einmal werden alle sonntags ins Werk geschickt, weil Idek dort mit einer Frau schlafen will. Elie beobachtet das zufällig, wird entdeckt und dafür halb tot geschlagen.
An einem anderen Sonntag ist Fliegeralarm im Lager, die Wachmannschaften sind in Deckung, es ist kurz vor dem Essen.
Seite 87: „Der Schrecken war größer als der Hunger… , dann rührte er sich nicht mehr.“
Abschnitt 13
Wieder Antreten zum Appell, ein „Dieb“ wird verurteilt und gehängt. Alle schauen zu.
Seite 90: „‚Wird’s bald? Ich habe Hunger…’ tuschelte Juliek.”
Kaum zeigt man innere Anteilnahme. Es gibt eine Ausnahme.
Den folgenden Abschnitt unbedingt selbst lesen, langsam.
Seite 91 — 94: „Ich habe in der Folge mehreren Erhängungen beigewohnt … An diesem Abend schmeckte die Suppe nach Leichnam.“
Gott hängt am Galgen, was ist das für eine Vorstellung!
Das jüdische Jahr geht seinem Ende entgegen. Am Vorabend von „Rosch ha-Schana”, dem jüdischen Neujahrsfest, überlegen die Geistlichen, wie das Fest trotz des Grauens in Würde gefeiert werden kann. Dazu gehört auch das Fasten zu „Jom Kippur“, dem Tag der Versöhnung und Vergebung. Die Diskussion darum scheint absurd inmitten des tödlichen Hungerns. Elie fastet nicht.
Wieder findet eine der berüchtigten „Auslese“ – Aktionen statt.
Seite 100 — 101: „‚Achtung!’ Sogleich trat Stille ein. … S. 101 Man hatte mich nicht notiert.”
Abschnitt 14
Der Vater wird scheinbar verschont, soll aber einige Tage später doch „aussortiert“ werden. Liebevoll verabschiedet er sich von seinem Sohn und schenkt ihm den einzigen Besitz: einen Löffel und ein Messer. Nach angstvollen Stunden entkommt der Vater wieder einmal der Selektion. Er kann bleiben …
Andere sterben, auch Akiba Drumer, ein geachteter Geistlicher.
Seite 107: „Es ist aus. Gott ist nicht mehr mit uns. … sagt Kaddisch für mich.
Nach drei Tagen achtete niemand mehr auf den rauchenden Schornstein. Sie vergaßen, Kaddisch zu sagen.
Abschnitt 15
Elie verletzte sich am Fuß und muss zur Behandlung ins Lazarett. Gleichzeitig beginnt eine große Verlegungsaktion. Die Front rückt dicht heran. Er kann im Lager bleiben, verzichtet aus Angst aber darauf und geht mit. Absurdität dieses Handelns: Das Lager wurde wenige Tage darauf befreit.
Ein tagelanger Todesmarsch beginnt. Eine von vielen ähnlichen grausame Szenen:
Seite 118 — 119: „Mechanisch setzte ich einen Schritt vor den anderen … Ich war sein einziger Halt.“
Rast wird in Schuppen gemacht, alle fallen übereinander. Ein Gedanke beschäftigt die Gefangenen: Nur nicht einschlafen. Das Suchen eines Schlafplatzes bezeichnet Elie wie das Stolpern über einen Friedhof. Man dämmert, schläft, bewacht einander im Wechsel. Elie denkt darüber nach, was wohl geschieht, wenn niemand mehr bewacht.
Dann Weitermarsch, große Kälte, Schnee. Das Ziel ist Gleiwitz. Sie werden wieder in Baracken verteilt, alles ist völlig überfüllt. Und dann eine unerwartete Begegnung:
Unbedingt selbst lesen, sehr emotional bewegend, Zeit lassen, ggf. das Stück – Konzert für Violine und Orchester D‑Dur op. 61 von Ludwig van Beethoven, 3. Satz: Rondo — kurz anspielen, starker Kontrast zur Situation
Seite 127 — 130: „Ihr tretet mich tot … Erbarmen! … eine kleine, wunderliche, erschütternde Leiche.“
Drei Tage blieben sie in Gleiwitz, ohne Essen, ohne Trinken, ohne Waschen. Die Front rückt näher. Wieder Weitermarsch, Selektionen. Der Vater wird „aussortiert“. Im letzten Moment rettet ihn Elie und zieht ihn auf die andere Seite.
Dann Warten auf den Zug. Der Schnee wird zum Ersatz für das fehlende Wasser. Er wird vom Rücken des Vordermannes gelöffelt. Die Wärter lachen darüber. Der Zug fährt los. Ab und zu werfen beim Halt die Wärter ein Stück Brot in den Wagon. Der Streit darum kostet einige das Leben. Elie wird von einem Gefangenen gewürgt. Warum? Die Antwort bleibt offen.
Unterwegs: Letztes Aufbäumen der Überlebenden. Dann die Ankunft in Buchenwald: Duschen, Selektion, Baracken.
Der Vater will sterben. Er ist kraftlos, übersteht gerade noch einen Bombenalarm. Er hat die Ruhr und kommt in die Krankenbaracke. Elie darf ihn begleiten und kümmert sich um ihn. Essen bekommt der Vater nicht mehr, zu gefährlich bei dieser Krankheit. Nun bettelt er seinen Sohn an, beschimpft ihn, bis dieser ihm, schweren Herzens, vom eigenen Brot abgibt.
Es ist gut möglich, den folgenden Abschnitt gekürzt zu erzählen, vor allem, wenn es die Aufmerksamkeit der Zuhörerinnen und Zuhörer bzw. der zeitliche Rahmen erfordern.
Seite 144 — 150: „Mein Vater wurde von Tag zu Tag schwächer … hätte ich dort etwas wie das Wörtchen „endlich frei!“ entdeckt …”
Schluss
Seite 150 — 153: „Ich sollte bis zum 11. April in Buchenwald bleiben … Sein Bick verlässt mich nicht mehr.”
Das Buch langsam schließen. Die Anwesenden ansehen, für die gemeinsame Lesung und die Aufmerksamkeit danken. Unter Umständen den weiten Lebensweg Elieser Wiesels, siehe Vorbereitung skizzieren.
- Elie Wiesel — Nie werde ich diese Nacht vergessen … — 21. Januar 2021