Der kompetenzorientierte Religionsunterricht steht nicht mehr an den Anfängen. Neben unterschiedlichen Kompetenzmodellen, didaktischen Grundlegungen und bundeslandspezifischen Lehrplänen sind Unterrichtshilfen, Arbeitsmaterialien und Schulbücher entstanden. Theoretisch ist damit alles klar.
Doch im ganz praktischen Unterrichten, besonders bei der Planung der Sequenzen oder in der Vorbereitung der konkreten Stunden, steht häufig die Frage im Raum, wie denn jetzt genau die Theorie ihren Weg in die Schule finden kann. Besonders deutlich wird diese Spannung in Ausbildungssituationen für zukünftige Religionslehrerinnen und Religionslehrer, Pfarrerinnen und Pfarrer oder Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen. Denn hier trifft jeder theoretische Überbau und jedes aktuelle Schulbuch auf die elementaren Fragen des pädagogischen Handwerks.
Vor diesem Hintergrund legen Matthias Hahn und Andrea Schulte einen praxisorientierten Leitfaden zur Planung und Durchführung eines kompetenzorientierten Religionsunterrichts vor.
In ihren vorauslaufenden drei „Eckpunkten” bestimmen sie vorsichtig das Verhältnis von Kompetenzen und Standards, greifen auf die prozessbezogenen Kompetenzformulierungen der EKD zurück und schließen an die „Kriterien guten Unterrichts” nach Hilbert Meyer an.
In fünf Schritten generieren sie eine Planungsstruktur, die vom lernzielorientierten Output zum prozessorientiertem Outcome führen soll. Dazu gehören
- eine sich selbst reflektierende Diagnose der oder des Unterrichtenden,
- eine adressatenbezogene Lernwegs-Erforschung, die vom Alltag kommend, die Multiperspektivität religiöser und theologischer Themen und Fragestellungen wahrnimmt,
- eine Klärung der Lernausgangslage und der Rahmenbedingungen durch mehrdimensionale Diagnoseformen,
- eine didaktische Erschließung, die im Sinne von Elementarisierungsprozessen die Strukturen, Inhalte, Zugänge, Erfahrungen und Lernformen klärt und
- Wegmarken im Blick hat, die den Unterricht strukturieren. Dazu gehören Anforderungssituationen, Diagnose des Vorwissens, Outcome, Übungen, Differenzierung und Metakognition.
Aus dieser Planungsstruktur wird ein Leitfaden generiert, der in einem strikten Nacheinander ein zirkuläres Ineinander aller Planungselemente sichert. Auf diese Weise sollen bereits in der Vorbereitungsphase Lernprozesse angelegt werden, in denen Prozessorientierung und Outcome-Fähigkeit gekoppelt sind und durch die ein kompetenzorientierter Religionsunterricht initiiert werden kann.
Matthias Hahn und Andrea Schulte verstehen ihr Papier ausdrücklich als Entwurf und laden zur Diskussion ein.
Matthias Hahn und Andrea Schulte, Kompetenzorientiert Religionsunterricht planen — aber wie?, Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 13 (2014), H. 1, 125 — 139.
Zum Text: http://www.theo-web.de/zeitschrift/ausgabe-2014 – 01⁄13.pdf
Dr. Matthias Hahn ist Leiter des Pädagogisch-Theologischen Instituts der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts.
Dr. Andrea Schulte ist Professorin für Evangelische Religionspädagogik an der Universität Erfurt und leitet das Martin-Luther-Institut an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät.
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Folgender Kommentar erreichte uns per Mail:
ich halte den Aufsatz für hilfreich auch in der Ethiklehrerausbildung, weil klar, konkret und praxisbezogen. Die Akzentverschiebungen, die er für die einzelnen Kapitel des traditionellen „Schriftlichen Entwurfs” beschreibt, decken sich im Wesentlichen mit den Akzentuierungen, die ich auch im Fachseminar empfehle. Die explizite Selbstdiagnose als erster Abschnitt lässt sich gegenwärtig im Staatlichen Seminar vermutlich nicht durchsetzen — deshalb würde ich persönlich diesen Teil vorerst ausgliedern, um bei gemeinsamen Unterrichtsbesuchen und Staatsprüfungen nicht mit den Kollegen anzuecken (aber nicht wegfallen lassen, dazu ist es mir zu wichtig!).
Die Hinweise zur Lernwegs-Erforschung scheinen mir im Aufsatz noch etwas allgemein formuliert zu sein.
Viele Grüße und herzlichen Dank für den interessanten Artikel.
peter kurtz