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Ölver­schmier­te Quiet­sche­ent­chen angeln oder mit fern­ge­steu­er­ten Modell­boo­ten das Anlan­den von ande­ren Modell­boo­ten, voll­ge­stopft mit Flüch­ten­den, verhindern…was zunächst maka­ber klingt, haben Künst­ler um den bekann­ten Street-Art-Akti­vis­ten Bank­sy in Eng­land in einem dys­to­pi­schen The­men­park rea­li­siert. Neben der Asyl­po­li­tik und dem Umwelt­schutz wer­den durch die aus­ge­stell­ten Expo­na­te noch vie­le wei­te­re gesell­schafts­po­li­ti­sche The­men, wie bei­spiels­wei­se Tier­schutz, Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit, Ver­ant­wor­tung der Medi­en und staat­li­che Über­wa­chung, auf­ge­grif­fen. Durch die Art und Wei­se der Aus­stel­lung und die Viel­falt der Wer­ke erge­ben sich zahl­rei­che und vor allem neue Zugän­ge zu wich­ti­gen ethi­schen Fra­ge­stel­lun­gen unse­rer Zeit.

Uto­pien (grie­chisch Nicht-Orte) sind Gedan­ken­ex­pe­ri­men­te, wel­che als Gegen­ent­wür­fe zu zeit­ge­nös­si­schen gesell­schafs­po­li­ti­schen Rea­li­tä­ten ihre Wir­kung ent­fal­ten sol­len. Dabei kön­nen sie in Form von Euto­pien (Gut-Orte, z.B. Uto­pia, Tho­mas Morus) oder Dys­to­pien (Schlecht-Orte, z.B. 1984, Geor­ge Orwell) das Gesche­hen in räum­li­cher wie zeit­li­cher Fer­ne darstellen.

Die Kraft der Dys­to­pie liegt sicher in der ab- und auf­schre­cken­den Wir­kung, die sie beim Rezi­pi­en­ten ent­fal­tet. Im Bei­spiel der dys­to­pi­schen Kunst in Dis­ma­land han­delt es sich jedoch nicht zwangs­läu­fig um Sze­na­ri­en der fer­nen Zukunft bzw. um Sze­na­ri­en, die weit außer­halb unse­rer Lebens­wirk­lich­keit statt­fin­den. Viel­mehr wer­den in Oppo­si­ti­on zur Dis­ney­har­mo­nie rea­le Schre­cken künst­le­risch zuge­spitzt, was dem Betrach­ter eben­je­ne Sicher­heit nimmt, dass es sich um ein nur mög­li­ches Zukunfts­sze­na­rio han­delt, wel­ches es zu ver­hin­dern gilt. Die Kata­stro­phen spie­len im hier und jetzt. Umwelt­zer­stö­rung, das Ertrin­ken tau­sen­der Flücht­lin­ge im Mit­tel­meer, die media­le Ver­nich­tung von Exis­ten­zen oder eine schier unvor­stell­ba­re Kluft zwi­schen den ärms­ten und den reichs­ten Men­schen der Welt. Das dys­to­pi­sche Moment liegt also gera­de nicht in der Fik­tio­na­li­tät der Zustän­de. Viel­mehr wer­den Miss­stän­de, wel­che in einer auf Kon­sum, Ver­gnü­gen und Leis­tung gepol­ten Gesell­schaft kei­nen Platz im Mit­tel­punkt der Auf­merk­sam­keit haben, als Attrak­tio­nen zu Objek­ten des Ver­gnü­gungs und der Unter­hal­tung gemacht.

Unter­richt­lich kann Dis­ma­land ent­we­der im Rah­men einer Ein­heit zu Uto­pien und Zukunfts­ent­wür­fen im All­ge­mei­nen oder in Ein­hei­ten mit kon­kre­tem the­ma­ti­schen Fokus nutz­bar gemacht wer­den. Aus die­sen Mög­lich­kei­ten erge­ben sich die nach­fol­gen­den didak­ti­schen Hinweise.

Kern­kom­pe­tenz: Ethi­sche Ent­schei­dungs­si­tua­tio­nen im indi­vi­du­el­len und gesell­schaft­li­chen Leben wahr­neh­men, die christ­li­che Grund­le­gung von Wer­ten und Nor­men ver­ste­hen und begrün­det han­deln können.

Jahr­gang: 8 – 12

Arbeits­for­men: Film­ar­beit, krea­ti­ves Schrei­ben und künst­le­ri­sches Gestal­ten, Bild­be­trach­tung, Erstel­len von Spielen

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen und Medi­en:

    • Zum Begriff Uto­pie: Phi­lo­so­phi­sches Kopf­ki­no: Link
    • wei­te­re You­tube-Vide­os zu Dis­ma­land in Aus­wahl: Link; Link
    • Bil­der­se­rie Dis­ma­land auf Zeit­on­line: Link
    • Bil­der­se­rie Dis­ma­land auf CNN: Link
    • Bil­der aus der Wiki­pe­dia (crea­ti­ve com­mons-Lizenz; Link)

Metho­di­sches Vorgehen 

Ein­stieg

Zum Ein­stieg kann der Wer­be­clip in Ver­bin­dung mit dem Titel­bild genutzt wer­den. Dabei ist eine knap­pe Bild­be­trach­tung des an das Dis­ney-Schloss im Vor­spann der Dis­ney­fil­me erin­nern­den Bil­des zu Beginn des Vide­os im Unter­richts­ge­spräch denk­bar. Die Schü­ler kön­nen an die­ser Stel­le bereits ers­te Asso­zia­tio­nen zum dys­to­pi­schen Cha­rak­ter des Ver­gnü­gungs­parks entwickeln.

Auf­ga­be zum Titelmotiv:

  • Betrach­te die Abbil­dung. Ver­glei­che sie mit dem bekann­ten Dis­ney­film-Motiv und stel­le Ver­mu­tun­gen zum Cha­rak­ter des The­men­parks Dis­ma­land an.

Auf­ga­ben zum Wer­be­film sowie wei­te­ren You­tube-Fil­men über Dismaland:

  • Notie­re dir mög­lichst vie­le The­men, die du in den Attrak­tio­nen des The­men­parks ent­deckst und benen­ne Gemein­sam­kei­ten zwi­schen den Themen.
  • Beschrei­be die Reak­ti­on der Kin­der und Eltern auf die Attrak­tio­nen und ver­mu­te Erklä­run­gen für die jewei­li­gen Reaktionen.
  • For­mu­lie­re eine begrün­de­te Mei­nung zum im Wer­be­film dar­ge­stell­ten Kunst­pro­jekt insgesamt.

Ver­tie­fung zu ein­zel­nen Exponaten

Je nach inhalt­li­cher Fokus­sie­rung ist es nun mög­lich ein­zel­ne Expo­na­te in Aus­wahl zu ana­ly­sie­ren. Dabei bie­tet es sich an mit Screen­shots oder vor­han­den Foto­gra­fien aus den Bil­der­se­ri­en zu arbei­ten. Gewinn­brin­gend für die bild­her­me­neu­ti­sche Kom­pe­tenz­ent­wick­lung ist es zudem, wenn Schü­ler oder Schü­ler­grup­pen zum sel­ben Expo­nat eine Bild­be­trach­tung durch­füh­ren und anschlie­ßend ihre Ergeb­nis­se ver­glei­chen sowie Gemein­sam­kei­ten und Unter­schie­de benen­nen und ursäch­lich erklä­ren. Die fol­gen­den Ana­ly­se­schrit­te kön­nen als Ori­en­tie­rung dienen.

  • For­mu­lie­re einen ers­ten Ein­druck zum Kunstwerk.
  • Beschrei­be die ein­zel­nen Ele­men­te des Kunstwerks.
  • Deu­te die ein­zel­nen Ele­men­te des Kunstwerks.
  • Schluss­fol­ge­re aus den Ein­zel­deu­tun­gen eine Ver­mu­tung zur Inten­ti­on des Künstlers.
  • For­mu­lie­re eine Mei­nung, Erkennt­nis­se oder Fra­gen zur ver­mu­te­ten Aus­sa­ge des Kunstwerks.
  • optio­nal: Ver­gleich die Ergeb­nis­se dei­ner Ana­ly­se­schrit­te mit denen eines Mit­schü­lers und benen­ne Gemein­sam­kei­ten und Unter­schie­de. Stel­le Ver­mu­tun­gen über die Ursa­chen der unter­schied­li­chen Ergeb­nis­se der Bild­be­trach­tung an.

Nach­be­rei­tung: Aneignung

Vor der Ver­tie­fung ist es in jedem Fall sinn­voll die Begrif­fe Uto­pie, Euto­pie und Dys­to­pie mit der Lern­grup­pe zu erar­bei­ten. Dies kann durch einen kur­zen Leh­rer­vor­trag und den Ein­satz des Erklär­vi­de­os „Phi­lo­so­phi­sches Kopf­ki­no — Uto­pia” geleis­tet wer­den. Dabei soll­ten die Schü­ler die Begriff­lich­kei­ten auf den The­men­park Dis­ma­land mit sei­nen Expo­na­ten anwenden.

Der letz­te Schritt der Aus­ein­an­der­set­zung mit einem Kunst­werk ist die Aneig­nung. Dabei kön­nen Ele­men­te des Wer­kes auf­ge­nom­men und mit eige­nen Mei­nun­gen, Ideen und hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten in ein eige­nes Werk trans­for­miert wer­den. Im Fol­gen­den wer­den Mög­lich­kei­ten der Aneig­nung bei­spiel­haft ent­fal­tet, um für den jewei­li­gen Unter­richt in der kon­kre­ten Lern­grup­pe Anhalts­punk­te zur Wei­ter­ar­beit zu geben.

Gestal­ten eige­ner Utopien

Je nach gewähl­tem Ver­tie­fungs­the­ma wer­den die Schü­ler auf­ge­for­dert eige­ne Bil­der, Graf­fi­ti oder Plas­ti­ken mit dys­to­pi­schem und /​oder euto­pi­schem Gehalt her­zu­stel­len. Gera­de das Bear­bei­ten bei­der Extre­ma kann sinn­voll sein, um die pro­duk­ti­ve Span­nung zwi­schen die­sen nut­zen zu kön­nen. Denk­bar ist auch das Schrei­ben von klei­nen Thea­ter­stü­cken mit Hand­pup­pen (Punch & Judy, Bil­der­se­rie Zeit­on­line 1215) oder das Zweck­ent­frem­den von Spiel­zeug (fern­ge­steu­er­te Patrouil­len­boo­te, Bil­der­se­rie Zeit­on­line 615).

Auf­ga­ben:

  • Erstel­le (in Einzel‑, Part­ner- oder Grup­pen­ar­beit) ein eige­nes Werk zur aus­ge­wähl­ten Pro­ble­ma­tik in Anleh­nung an das in Dis­ma­land aus­ge­stell­te Werk.
  • Ent­wick­le zur aus­ge­wähl­ten Pro­ble­ma­tik sowohl ein euto­pi­sches als auch eine dys­to­pi­sches Werk.
  • Erstel­le zu dei­nem Werk eine anre­gen­de und erklä­ren­de Sei­te für einen Ausstellungsführer.

Eine wei­te­re Idee für eine län­ge­re Pro­jekt­pha­se ist das Her­stel­len eines Brett­spiels mit euto­pisch und dys­to­pisch wir­ken­den Spiel­re­geln. Etwa bei den The­men Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit, gleich­be­rech­tig­te Teil­ha­be, Inte­gra­ti­on von Migran­ten oder Fair­ness in der glo­ba­len Wirt­schaft erscheint es span­nend Spiel­prin­zi­pi­en wie Mono­po­ly oder Schlan­gen und Lei­tern ent­spre­chend abzu­wan­deln. Hier wird die Arbeit in Klein­grup­pen von drei bis vier Schü­lern empfohlen.

Auf­ga­ben:

  • Erstellt ein Brett­spiel, wel­ches über zwei unter­schied­li­che Regel­wer­ke euto­pi­sche und dys­to­pi­sche Zustän­de bzw. Ergeb­nis­se produziert.
  • Erstellt das Spiel sowie eine Spiel­an­lei­tung, wel­che auch die zugrun­de­lie­gen­de Idee und eure Absicht verdeutlicht.

reli­giö­se Utopien

Die Aus­ein­an­der­set­zung mit reli­giö­sen Vor­stel­lun­gen und Begrif­fen mit uto­pi­schem Cha­rak­ter kann vor oder nach der Erstel­lung eige­ner Wer­ke gesche­hen, je nach­dem, ob die reli­giö­sen Vor­stel­lun­gen dort mit ein­flie­ßen sol­len oder ob die eige­nen Trans­for­ma­tio­nen erst spä­ter mit den reli­giö­sen Vor­stel­lun­gen in Bezie­hung gesetzt wer­den sol­len. Für eine wei­te­re Bear­bei­tung des The­mas sind fol­gen­de inhalt­li­che Ver­knüp­fun­gen denkbar:

  • Das Reich-Got­tes-Gleich­nis von den Arbei­tern im Wein­berg als wirt­schafts­po­li­ti­sche Utopie.
  • I Have a Dream” — Die Rede von Mar­tin Luther King zur Visi­on von der Gleich­be­rech­ti­gung und Gleich­be­hand­lung aller Men­schen, ins­be­son­de­re bezo­gen auf die unter­drück­te afro­ame­ri­ka­ni­sche Bevöl­ke­rung. Ana­ly­se reli­giö­ser Moti­vik, Beschrei­bung der Wirk­mäch­tig­keit und Adap­ti­on der Rede für eige­ne Visio­nen von einer bes­se­ren Welt.
  • reli­giö­se Vor­stel­lun­gen von End­zeit, Apo­ka­lyp­se und Gericht (z.B. Gleich­nis vom Welt­ge­richt oder Johan­nes­of­fen­ba­rung). Ermitt­lung des Spe­zi­fi­kums reli­giö­ser Utopien.
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Tobias Neumeister
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