Matratzenmomente

Der eine tra­ge des ande­ren Matrat­ze. Lei­der schei­tert das häu­fig am pas­sen­den Zeit­fens­ter. Gott wird nicht zulas­sen, dass dir die Matrat­ze zu schwer wird. Aber ist das so? Mit Feder- oder Kalt­schaum­kern haben die schon ein ganz schö­nes Gewicht. Und wel­che Matrat­ze haben Sie per­sön­lich zu tra­gen? Wann hat es sich das letz­te Mal so ange­fühlt, als wür­dest du allein mit einer Matrat­ze im Trep­pen­haus fest­ste­cken? Klingt albern. Das ist es wohl auch.

Doch die­se zunächst recht despek­tier­lich daher­kom­men­den Ein­las­sun­gen ent­fal­ten Ihren ganz unzy­ni­schen Kern vor dem Hin­ter­grund des mini­ma­lis­ti­schen Kurz­films Moving der Regis­seu­rin Adi­nah Dancyger.

Die sehr ein­fach gehal­te­ne Erzäh­lung bie­tet in Ihrer Deu­tungs­of­fen­heit und ihrem emo­tio­na­len Facet­ten­reich­tum eine span­nen­de Pro­jek­ti­ons­flä­che für einen All­tag, in wel­chem es an for­dern­den und auch über­for­dern­den Situa­tio­nen nicht mangelt.

Um über einen sol­chen All­tag zu spre­chen, in wel­chem das Reden schnell zum Flüs­tern oder Schrei­en wird, in wel­chem Humor in den Zynis­mus abzu­rut­schen droht, kann es hilf­reich sein noch­mal aus der Distanz auf die eige­nen Gedan­ken und Gefüh­le zu schauen.

Die anfäng­lich durch­aus posi­ti­ve Auf­bruchs­stim­mung endet abrupt, als es der jun­gen Frau im Film nicht gelingt ihre Matrat­ze die Trep­pe hoch in Ihre neue Woh­nung zu bewe­gen. Es fol­gen Momen­te vol­ler Wut und auch Ohn­macht. Eine erfolg­rei­che Inter­ak­ti­on mit Ihren Mit­men­schen kommt über den gesam­ten Kurz­film hin­weg nicht zustan­de. Ein poten­zi­el­ler Hel­fer geht nicht ans Tele­fon und ruft ver­mut­lich erst zurück als es zu spät ist. Die neu­en Nach­barn sind deut­lich hör­bar, schei­nen aber mit Ihren eige­nen Pro­ble­men beschäf­tigt zu sein. Ein Mann, wel­cher die Prot­ago­nis­tin zer­knirscht auf der Haut­ein­gangs­trep­pe sit­zen sieht, belehrt sie über das Park­ver­bot vor dem Haus, anstatt zu fra­gen, ob alles in Ord­nung ist.

Zum Schluss gelingt es ihr mit äußers­ter Kraft­an­stren­gung doch noch die ers­te Trep­pe allein zu über­win­den. Erschöpft fällt sie dabei auf die Matrat­ze und ver­fällt in ein nicht ganz ein­fach zu deu­ten­des Lachen. Ob Sie mit der 1. Eta­ge auch ihr Ziel erreicht hat, bleibt offen.

Kern­kom­pe­tenz: Den eige­nen Glau­ben und die eige­nen Erfah­run­gen wahr­neh­men und zum Aus­druck brin­gen sowie vor dem Hin­ter­grund christ­li­cher und ande­rer reli­giö­ser Deu­tun­gen reflektieren.

Jahr­gang: 5 – 12

Arbeits­for­men: Film­ana­ly­se; (Text-)Collage; Film­ad­ap­ti­on; Wortwolke/​Wordcloud; Gefühls­ba­ro­me­ter; Part­ner- oder Gruppendiskussion

Medi­en:

  • Home­page der Regis­seu­rin: Link
  • Arti­kel zum Kurz­film in shor­tof­t­he­week: Link

Methodisches Vorgehen: 

Da der Film vor allem als Pro­jek­ti­ons­flä­che für eige­ne Erfah­run­gen und Gefüh­le bzw. Tür­öff­ner für ein offe­nes Gespräch über Erfah­run­gen von Ohn­macht und Bewäl­ti­gung die­nen kann, emp­fiehlt es sich mit dem Anschau­en des Films direkt zu begin­nen. Im Anschluss kön­nen die zuta­ge getre­te­nen Gedan­ken und Gefüh­le trans­for­miert und vor dem Hin­ter­grund christ­li­cher, reli­giö­ser oder phi­lo­so­phi­scher Deu­tungs­mus­ter reflek­tiert werden.

Filmarbeit

Mög­li­che Beob­ach­tungs­auf­ga­ben zum ers­ten Sehen des Films, wel­che alters- und inter­es­sen­ent­spre­chend ein­ge­setzt, aber kei­nes­falls abge­ar­bei­tet wer­den sollten:

  • Zeich­ne den Ver­lauf der Gefüh­le der jun­gen Frau in einem Dia­gramm nach. (X‑Achse = Zeit; Y – Ach­se: Stim­mungs­ba­ro­me­ter von posi­tiv zu nega­tiv); Beschrei­be Schlüs­sel­stel­len des Gra­phen mit geeig­ne­ten Gefüh­len und Zustän­den (z.B. Wut, Ohnmacht…)
  • Unter­tei­le den Film in ein­zel­ne Kapi­tel und gibt die­sen eine pas­sen­de Überschrift.
  • Posi­tio­nie­re dich zur Fra­ge, ob die jun­ge Frau am Ende erfolg­reich war.
  • Erstel­le eine Wort­wol­ke (word­cloud), wel­che die im Film dar­ge­stell­ten Gefüh­le ent­spre­chend ihrer Bedeu­tung und Ihres Zusam­men­hangs dar­stellt. (auch eine adap­tier­te digi­ta­le Lösung in der Grup­pe, etwa mit Men­ti­me­ter, erscheint hier möglich)
  • Inter­pre­tie­re die Ver­än­de­rung der Kame­ra­füh­rung bei den ver­schie­de­nen Ver­su­chen die Matrat­ze nach oben zu befördern.
  • Deu­te das Lachen am Ende des Films.

Mögliche Vertiefungsaufgaben zur Interpretation des Film

Um den Hori­zont des Films auf die per­sön­li­chen gegen­wär­ti­gen Umstän­de zu bezie­hen, kön­nen u.a. fol­gen­de Metho­den ein­ge­setzt wer­den. Inwie­fern Ergeb­nis­se hier in der Gemein­schaft vor­ge­tra­gen wer­den sol­len, muss nach päd­ago­gi­schem Ermes­sen ent­schie­den wer­den. Dane­ben ist sicher die Modi­fi­ka­ti­on der Sozi­al­form ein wich­ti­ger Hebel zur Anpas­sung an die jewei­li­ge Lerngruppe.

  • Ver­voll­stän­di­ge die fol­gen­den Sätze: 
    • Die Hand­lung des Films erin­nert mich spon­tan an…
    • Vie­le Men­schen machen gera­de die Erfah­rung der Über­for­de­rung. Der Trans­port der Matrat­ze in die ers­te Eta­ge steht etwa für…
    • So wie die jun­ge Frau habe ich mich das letz­te Mal gefühlt als…
    • Ich glau­be die Frau hat nicht auf­ge­ge­ben, weil…
    • Hoff­nung macht mir…

  • Dis­ku­tie­re mit einem Partner/​in einer klei­nen Grup­pe, inwie­fern sich mit den fol­gen­den Begrif­fen die Hand­lung des Kurz­films beschrei­ben lässt: 
    • Herausforderung/​Überforderung; Ohnmacht/​Ermächtigung; Kontrolle/​Kontrollverlust; Hoffnung/​Hoffnungslosigkeit; Freude/​Wut; Aufbruch/​Abbruch
    • (Beschrän­kung der Zahl der aus­zu­wäh­len­den Begriffs­paa­re denkbar)

  • Collage/​Textcollage: Wählt eines der Begriffs­paa­re (aus der vor­he­ri­gen Auf­ga­be) aus (oder denkt euch ein eige­nes aus), wel­ches die Zeit in der Pan­de­mie für euch am bes­ten erfasst. Erstellt zu die­sem Begriffs­paar und sei­nem Zusam­men­hang zur Zeit in der Pan­de­mie eine (Text-)Collage.

Mögliche Bibeltexte als Basis einer theologischen Deutung

  • Offb 21,4; 1.Kor10,13b; Röm8,24 – 25; Ps62,6 – 7; Ps23,4; Jes40,31; Mt5,4

Adaption der Filmidee

  • Plant ein Film­pro­jekt, wel­ches die Film­idee auf­nimmt, auf die Her­aus­for­de­run­gen der Pan­de­mie anwen­det und (christ­li­che) Hoff­nung spen­det und Mut für die nahe und fer­ne Zukunft macht. Erstellt zu die­sem Zweck ein Drehbuch.
  • Dreht den Film ab. Der Rah­men der Mög­lich­kei­ten wird hier aktu­ell durch die Pan­de­mie­maß­nah­men begrenzt. Prüft gege­be­nen­falls, ob der Film wei­ter­hin mit nur einer Haupt­per­son gedreht wer­den soll­te oder ob davon abge­wi­chen wer­den kann oder sogar abge­wi­chen wer­den sollte.
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Tobias Neumeister
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1 Gedanke zu „Matratzenmomente“

  1. Lie­ber Tobi­as Neumeister,
    vie­len Dank für die­ses Ange­bot. Der Film ist gera­de durch die star­ken Bil­der ein gutes Medium
    um eige­ne Erfah­run­gen hier wiederzuentdecken.
    Wer­de ihn sehr ger­ne in mei­nem Unter­richt einsetzen.
    Maria Hau­ser, Kraich­tal (Dia­ko­nin im Religionsunterricht)

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